Dialog
Es gibt eine charakteristische wegwerfende Handbewegung, die signalisiert: „vergiss es, mit dem reden zu wollen, ist eh sinnlos.“ Diese defätistische Geste habe ich immer wieder auf beiden Seiten gesehen.
Ich würde mit einer gewissen Radikalität dafür plädieren, dass es praktisch immer sinnvoll ist, zu sprechen. Auch und gerade dann, wenn es weh tut. Was wäre die Alternative? Sich feindselig anzuschweigen? Dabei wird es nicht bleiben. Sich also auf der Straße, getrennt von Polizeiketten, in einem wöchentlichen Ritual jeden Samstagnachmittag gegenseitig als Faschisten zu beschimpfen? Eine Art kultureller Bürgerkrieg? Ein Zustand wie in den USA, wo eine toxische gesellschaftliche Spaltung sich immer weiter vertieft und chronifiziert hat? Wo ein 18-jähriger bei den Republikanern Heldenstatus erlangen konnte, indem er diesen Konflikt als militärischen Krieg begriffen hat?
Der Wert eines Dialogs muss nicht daran gemessen werden, ob er die Chance birgt, sein Gegenüber zu überzeugen, aufs Kreuz zu legen, oder ihn „nackt dastehen“ zu lassen, wie Malte Wendt in seinem Brief an den OB Horn schreibt. Er ist ein Wert an sich, weil er Beziehungen auch über große inhaltliche Gräben hinweg humanisiert. Wo geredet wird, wird nicht geschossen.
Ich kann aus meiner Erfahrung sagen, dass viele
der Maßnahmenkritiker nicht nur dialogbereit, sondern sogar ausgesprochen
dialogfreudig sind. Aber das sind nur spontane unverbindliche persönliche
Dialoge auf der Straße, ich weiß nicht ob das zu einem gesellschaftlichen
Dialog skalierbar ist.
Falls aber ein solcher Dialog tatsächlich unmöglich sein sollte, dann sollten nicht wir diejenigen sein, an denen er scheitert.
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