Freiburger Diskurs (II) zu Wagenknecht, Energie, Wirtschaft, Klima - und der AfD

Ein Blick auf die Energie-, Wirtschafts- und Klimapolitik des BSW aus Sicht eines Unternehmers im Bereich Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit.

Frau Wagenknecht ist von Haus aus Kommunistin, macht sich jedoch in letzter Zeit gerne im Sound einer Sprecherin eines Verbandes mittelständischer Familienunternehmen Sorgen um die Zukunft des Industriestandortes Deutschland. Nachfolgend ein kritischer Blick auf einige ihrer Positionen.

CO2 Preis

Frau Wagenknecht hat sich gegen das Instrument der Bepreisung von CO2 Emissionen ausgesprochen.

Als Unternehmer leuchtet mir unmittelbar ein, dass ein Preis auf CO2 sehr wahrscheinlich das wirksamste und wichtigste Instrument ist, dass wir im Kampf gegen den Klimawandel haben. Es gilt die Kräfte des Marktes durch das Setzen von Anreizen in die richtige Richtung zu lenken. Auch die Wissenschaft sieht das so. Andere Maßnahmen wie die gezielte Förderung neuer Technologien, oder stärker steuernde Eingriffe (Verbrenner-Aus) sind letztlich Ergänzungen hierzu.

Ihre Haltung zur CO2 Bepreisung teilt das BSW übrigens mit keiner anderen Partei, außer der AfD.

Mobilität

Frau Wagenknecht fordert die Rücknahme des europaweit beschlossenen Endes des Verbrennungsmotors 2035. Deutschland solle „zum Hotspot einer neuen Verbrennergeneration werden“ werden und deren „dauerhafte Produktion“ anstreben.  

Nun arbeiten wir mit der Learning Machines intensiv mit der Autoindustrie zusammen in Sachen E-Mobilität. Die stehen in einer kritischen Phase und tätigen jetzt in sehr schwierigen Zeiten sehr hohe Investitionen, um bei der Wende zur Elektromobilität den Anschluss an die Welt nicht zu verlieren. Meine Ansprechpartner dort sind sich darin einig, dass verwirrende Signale seitens der Politik über einen möglichen Rollback zur Verbrennertechnologie das letzte ist, was sie jetzt brauchen können. Der Verbrennungsmotor ist ein Auslaufmodell, die Zukunft ist elektrisch und die Industrie braucht klare Rahmenbedingungen.

Ihre Haltung zum Verbrenner-aus teilt das BSW übrigens mit der AfD.

Wärmepumpe

Frau Wagenknecht sagt, die Wärmepumpe sei „klimapolitisch völliger Nonsens“.

Nun arbeiten wir mit der Learning Machines gerade an KI gestütztem Energiemanagement mit optimierter Sektorkopplung. Und wir sehen, dass die Wärmepumpe nicht nur die effizienteste und skalierbarste Form ist, erneuerbare Wärme zu erzeugen (da die Erneuerbaren primär als Strom anfallen), sondern zudem wegen ihrer Potentiale zur zeitlichen Lastverschiebung bei intelligenter Steuerung auch einen enormen Beitrag leisten kann zur effizienten Integration von volatilem Wind- und Solarstrom im Netz. Ich sehe im Wärmesektor keine valide Alternative zur Wärmepumpe - außer fallweise die Nutzung von Abwärme in Wärmenetzen.

Frau Wagenknecht sagt: „Wer sich nur halbwegs mit der Materie auskennt, weiß, dass ältere Gebäude durch eine Wärmepumpe überhaupt nicht effizient beheizt werden können“. Ich habe nach Rücksprache mit mehreren Leuten, die sich halbwegs mit der Materie auskennen, gerade eine Wärmepumpe für ein älteres Gebäude in Auftrag gegeben, animiert nicht zuletzt durch das vielgescholtene Habecksche Heizungsgesetz. Diese wird der Atmosphäre die Verbrennung von jährlich rund 3000 Liter Heizöl ersparen.

Ihre Einschätzung zur Wärmepumpe teilt das BSW übrigens mit der AfD.

Windenergie im Wald

Frau Wagenknecht fordert, die Nutzung der Windenergie im Wald stark einzuschränken. Windräder in Wäldern seien "kein Beitrag zum Klimaschutz, sondern Umweltzerstörung".

Ich war selber intensiv in die Entwicklung eines großen Windenergieprojektes im Wald involviert (Bürgerwindpark südliche Ortenau), also auch mit dem Impakt dieses Projekts für das Ökosystem befasst. Heute arbeiten wir mit der Learning Machines an einem Satelliten-gestützten Borkenkäfer Monitoring mit, und ich habe gelernt, dass der Wald wegen des Klimawandels unter enormem Stress steht, der ungleich dramatischer ist als der Stress durch ein paar Windenergieanlagen. Wir wissen zudem, dass Windenergie im Wald mit der heutigen Anlagentechnik wirtschaftlich ist und dass sie einen wichtigen Beitrag leisten kann zur Erreichung unserer klimapolitischen Ziele - also auch dem Schutz der Wälder.

Ihre Haltung zur Windenergie teilt das BSW übrigens mit der AfD.

Gas aus Russland

Frau Wagenknecht fordert, wieder russisches Gas und Öl zu importieren für Strom und Wärme – weil es billig sei. 

Ich denke zum einen, dass wir vom Erdgas ohnehin weg müssen: es ist, wenn man die Methan-Lecks berücksichtigt, wahrscheinlich ähnlich klimaschädlich wie Kohle. Zum anderen denke ich, dass ein wirtschaftlicher Boykott das humanste und vielleicht wirksamste Mittel ist, um Putins Aggression entgegenzutreten. Wir sollten nicht mit unseren Gasrechnungen den Terror gegen die Ukraine finanzieren. Und ich denke zum dritten, dass wir den Fehler, uns energiepolitisch durch Russland erpressbar zu machen, schon einmal zu oft gemacht haben. Ihn unter den heutigen Umständen nochmals zu wiederholen wäre alleine durch Dummheit nicht mehr entschuldbar.

Und nein, ich halte Frau Wagenknecht nicht für dumm.  

Der geneigte Leser wird erraten, mit welcher deutschen Partei das BSW wohl in der Frage Gas aus Russland auf einer Linie liegt. 

Aber warum? Welche ideologische Klammer hält dieses energiewirtschaftliche Hufeisen zwischen BSW und AfD zusammen?

Wolf Biermann hat da eine Idee.

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